Die Vorbereitung – Von null auf 312
Der Grundstein für so ein Event wird aufgrund des frühen Termins im Jahr schon im Winter gelegt. Während draußen der Winter tobte, schwitzt man drinnen – und zwar ordentlich. Das Training war geprägt von intensiven Intervallen und langen Indoor-Sessions auf der Rolle. Man weiß: 312 Kilometer mit knapp 5.000 Höhenmetern fährt man nicht aus dem Stand. Wadim und ich konnten schon im März auf Mallorca eine Trainingswoche verbringen, ideal um gute 4 Wochen später gut vorbereitet an den Start zu gehen. Gero war sogar Anfang April schon bei den belgischen Frühjahrs Klassikern dabei. Einige Outdoor-Kilometer konnten glücklicherweise auch in heimischen Gefilden zurück gelegt werden, der Wettergott meinte es in diesem Frühjahr an den freien Tagen gut mit uns. Ostern fiel dieses Jahr auf ein spätes Datum und direkt am darauffolgenden Wochenende sollte der erste große Saisonhöhepunkt starten. In den Tagen vor dem Rennen herrschte eine gemischte Stimmung aus Ausgelassenheit auf den Trainingsrunden – aber auch Respekt vor der wartenden Aufgabe. Jeder hatte ein wenig eine andere Herangehensweise, wichtig war sich nicht zu übernehmen und gleichzeitig nicht die „Beine einschlafen zu lassen“.
Der große Tag – Gänsehaut am Start
Am 26. April 2025 war es dann soweit. Noch im Morgengrauen versammelten sich tausende Fahrer in Playa de Muro. Die Spannung in der Startaufstellung war greifbar. Eine Abordnung des Biketeam Neustrelitz war am Start – gut vorbereitet, motiviert und zum Glück ohne Nervositäts-Pannen. Noch in der Startaufstellung wurden wir von einem Schauer ereilt, langsam fröstelte es einem und man wollte endlich los. Wir waren schon eine Stunde vor dem offiziellen Start in unserem Block angekommen, trotzdem waren viele tausend Teilnehmer noch vor uns. Mit dem Sonnenaufgang um 6:30 Uhr fiel der Startschuss, und die Masse setzte sich in Bewegung. Unser Team rollte dann knapp 20 Min später über die Startlinie. Während Gero, Mirko, Bastian und Dirk schon wiederholt an der Startlinie standen, war es für Wadim und mich Neuland.

Der Weg ist das Ziel – und was für einer
Die Strecke führte uns durch einige der schönsten Ecken Mallorcas. Die Serra de Tramuntana präsentierte sich von ihrer besten Seite – Sonne, milde Temperaturen und beeindruckende Aussichten. Technisch lief alles glatt: keine Stürze, keine Defekte – das Biketeam Neustrelitz blieb verschont.
Aber: Die Teilnehmerzahl war definitiv eine Herausforderung. Vor allem an den ersten Anstiegen kam es zu Rückstaus, teilweise standen wir förmlich. Auch die Verpflegungsstationen bis etwa zur Hälfte des Rennens waren regelmäßig überlaufen. Geduld war gefragt – und die Fähigkeit, trotz kleinerer Frustrationen fokussiert zu bleiben.
Ein Schockmoment – medizinischer Notfall auf der Strecke
Kurz vor dem ersten Abzweig – dem Punkt, an dem entschieden wird, ob man weiter die 312 km fährt – kam es leider zu einer Rennunterbrechung. Grund war ein medizinischer Notfall auf der Strecke. Das Feld wurde gestoppt, Helfer und Rettungskräfte waren schnell vor Ort. Ein Moment, der einen wieder erdet und zeigt, wie schmal der Grat manchmal ist. Glücklicherweise konnten wir nach einiger Zeit weiterfahren, wir haben dann später die traurigen Details aus der Presse erfahren.
Im Hinterkopf hatten wir, dass man sich nicht zu früh verausgaben darf bzw. auch 2 Zeitlimits drohen und man beim Verpassen der Zeitlimits zwangsweise auf eine kürzere Strecke geleitet werden würde. Trödeln war also auch nicht sinnvoll.
Bis zur Hälfte der Strecke bestimmen die Berge das Profil und danach ist es eher ein Herausforderung für den Kopf und die Ausdauer. Auf der Strecke sind angenehme Anstiege bis max. 10% die Regel, eher etwas weniger. Das macht es, trotz der vielen Höhenmeter, vergleichsweise erträglich auch längere Anstiege zu fahren.
Auf der 2. Hälfte ist es vergleichsweise flach, im Orangental und rund um Arta warten dann aber doch noch ein paar giftige Anstiege. Was mich doch etwas überrascht hat, war die teilweise sehr kurvige und schlecht einsehbare Strecke bzw. ein teilweise schlechter Straßenzustand. Man sah am Straßenrand so einige Teilnehmer mit Pannen in diesem Abschnitt zwischen Sa Pobla und Petra.
In diesem Jahr wurden mehr Verpflegungsstationen eingerichtet, mein Eindruck war, das alles ausreichend und gut war. Die Stationen, die von der Marke 226 unterstützt wurden, waren wirklich gut – wir haben unsere Stopps größtenteils dort geplant. In Arta, der letzten Station, herrschte eine ausgelassene Stimmung und Party. Man musste wieder stoppen und sich ein paar Meter zu Fuß fortbewegen. Hier wurden letzten Kräfte gesammelt, physisch oder mental. Es war erstaunlich welche Kräfte das nahe Ziel noch einmal hervorrufen können, wir wussten: nur noch eine knappe Stunde durchhalten und es ist geschafft.

Der Zieleinlauf – Euphorie pur
Nach ca. 11-13 Stunden war es für alle geschafft. Bastian hatte sich als Einziger für die Mitteldistanz entschieden, sicherlich auch eine gute Wahl. Diese Runde ist der perfekte Kompromiss aus dem Genuss der Event-Highlights und Urlaub. Wir rollten erschöpft, aber überglücklich in Playa de Muro ins Ziel. Die Stimmung dort war großartig – Musik, Applaus, strahlende Gesichter. Für mich war es einer dieser seltenen Momente, in denen man gleichzeitig völlig leer und doch voller Emotion ist.
Mein Fazit – Mehr als nur ein Radrennen
Mallorca 312 ist mehr als ein Event – es ist ein Erlebnis. Die Strecke ist wunderschön, die Organisation größtenteils gut, das Gemeinschaftsgefühl riesig. Klar, es gibt Punkte, an denen man noch feilen könnte – das Teilnehmermanagement an engen Passagen. Aber alles in allem war es ein Tag, den ich nicht vergessen werde.
Und wer weiß – vielleicht sieht man sich 2026 wieder an der Startlinie.
Ein Bericht von BTN-Mitglied Bernhard Buss.
