Wenn auf dem Nürburgring Speichensurren statt Motorenheulen zu hören ist, dann kann das nur eins bedeuten: Rad am Ring ist zurück in der Grünen Hölle! Mit der Teilnahme am 24h Rennrad-Rennen am 20. Geburtstag des Radsportfestivals war das Bike Team Neustrelitz mittendrin. Die Veranstaltungen fanden vom 21. – 23.7.23 statt.
Viele unserer Radpiloten hatten bereits Erfahrungen mit der hohen Acht gesammelt, für einige war es aber auch das erste Mal. Die Planungen für so ein Event werfen lange Schatten voraus und so war im Vorfeld genug Zeit, sich dem Mythos der Rennstrecke zu widmen und den Erlebnisberichten der Erfahrenen zu lauschen. Jedermann-Starter können nachvollziehen welche Anspannung im Vorfeld hochkommt – wenn dann noch eine Teamleistung dahinter steht und es in einer 26 km Runde gut 550 Höhenmetern zu bewältigen gilt, dann ist der vorherige Nachtschlaf wegen der steigenden Aufregung nicht so erholsam.
Wir stellten ein 8er Team und drei 4er Teams, wobei ein 4er Team mit nur 3 Fahrern klarkommen musste. Die Rennräder wurden größtenteils im separaten Fahrzeug transportiert, wir sind in Fahrgemeinschaften in die Eifel gereist – dafür musste der Großteil des Anreise-Freitag geopfert werden. Schon etwas erschöpft von der langen Fahrt rollten wir Mecklenburger so zwischen 15 und 16:30Uhr auf den Parkplatz des Dorint Hotels. Die Buchung des Verpflegungpakets und der Übernachtung dort, sollte sich wieder einmal als goldrichtig erweisen. So blieb uns genug Freiraum sich auf das Event zu konzentrieren, für Leib und Seele war gesorgt – nicht günstig, aber seinen Preis wert.

Viel Zeit für Erholung oder Müßiggang war nicht, es wurden die Räder fertig gemacht, erprobt und noch eine kurze Belastung eingeschoben. Am Freitagabend folgte dann noch der obligatorische Rundgang im Fahrerlager mit dem Besuch der Radmesse und der Erledigung der Anmeldeformularien. Weiterhin wurde noch ein Aufenthaltszelt an der Strecke eingerichtet, nachdem wir hierfür das OK von der Rennleitung erhalten haben. Auch fand gegen Abend das traditionelle Zeitfahren statt und die Teilnehmer wurden angefeuert.
Das Wetter war gut am Samstag, nicht zu warm und auch der Wind war im Normbereich – nach dem Frühstück wurden ein paar Kilometer im Sattel absolviert. Auch um die Atmosphäre zu genießen und die Nervosität zu kontrollieren. Pünktlich standen die Teamkapitäne an der Startlinie, in der Startaufstellung mussten wir uns fast noch 1 h Stunde gedulden – um einen Platz im vorderen Starterfeld zu ergattern muss man sich schon früh einreihen und auch auf Zack sein wenn die Aufstellung Richtung Startlinie vorrückt, da vor einem schon die Startblöcke für die 25km, 75km und 150km Rennen in der aufgereiht sind.
Endlich ging es mittags los und jeder auf der Strecke konnte endlich das aufgestaute Adrenalin loswerden, spätestens in der 2. Runde war dann wohl jeder Teilnehmer „im Tunnel“ und mit sich oder der Teamleistung beschäftigt. Wir erlebten die Kurven und Geraden, die auch berühmte Rennfahrer bereits durchfuhren. Dicht gedrängt, zusammen mit tausenden anderen Radlern auf der Strecke, das verlieh dem Start des Rennens eine ganz eigene Emotion. Es ist etwas ganz besonderes die legendäre Rennstrecke auf dem Rad zu erleben, man kann an vielen Ecken die Spuren der historischen Motorsport Vergangenheit förmlich riechen.

Während der nächsten knapp 24 h Stunden waren die Teams auf der Strecke unterwegs, die pausierenden Teilnehmer verfolgten das Rennen an der Strecke oder über die Liveübertragung in der Racemap-App. Auch wollte der nachfolgende Fahrer natürlich zur Übergabe des Staffelstabs, welches eine Trinkflasche mit eingebautem Transponder war, rechtzeitig wieder bereit an der Strecke sein und jeder hatte eine Strategie für die zeitliche Hochrechnung, die Anspannung war Jedem anzumerken.
Gegen Abend und insbesondere während der Nachtstunden wurde es ruhig im Aufenthaltszelt, dort hielten sich dann fast nur noch die Sportler auf, die als nächstes auf die Runde gingen. Im Hotel traf man einzelne Kollegen bei der Vor- oder Nachbereitung der Session und konnte sich mal austauschen. Nachts durch die Bereiche zu fahren, die von Pavillions, Zelten, Trucks, Bussen, Wohnwagen und -mobilen gesäumt werden, ist besonders schön. Hier herrscht rund um die Uhr ein reges Treiben, Beleuchtung und Musik. Ruhiger wird es draußen auf der Rennstrecke, aber die sportliche Herausforderung wird um so größer. Die Fuchsröhre hinunter zu rasen ist atemberaubend, einzelne Fahrer erreichten mehr als 100km/h. Um so krasser der Unterschied dann, nur einen Katzensprung weiter, sich an der hohen Acht mehrere Kilometer den Anstieg hochzukämpfen. Ich hatte vorher nicht gedacht, dass es bei einem unserer Starter gut funktioniert im 4er Team mit einer Semikompakt-Kurbel und einer Kassette mit max. 28 Zähnen regelmäßig den Anstieg zu erklimmen. Ich wurde eines Besseren belehrt, obwohl diese Übersetzung für Hobby-Enthusiasten nicht bergtauglich erscheint und die Allermeisten, so auch ich, waren auf etwas angenehmeren Übersetzungen unterwegs. Erstaunlicherweise wurde es mit besserer Streckenkenntnis, d.h. mit jeder gefahrenen Runde, einfacher sich mental und körperlich auf die Strecke und das Profil einzustellen. Nach der 1. Runde schien der Anstieg an der hohen Acht noch als wahre Folter, mit jeder weiteren Runde groovte man sich aber besser ein – auch wenn die Steigungsprozente leider nicht weniger wurden. 🙂

Die Teilnehmer der 4er Teams fuhren während des Rennens ca. 7 Runden, im 8er Team entsprechend weniger. Die Kräfte schwanden mit jeder Runde merklich und es ist schon bemerkenswert was 2er Teams oder Einzelfahrer im 24h Rennen leisten. In den Nachtstunden frischte der Wind auf, es wurde merklich böiger und auch kleinere einzelne Regenschauer zogen auf. Wir hatten gehofft, dass es der Wettergott etwas besser mit uns meint. Als es wieder hell wurde und auch am Vormittag konnten die Seitenwinde und Böen, insbesondere in den sehr schnellen Abfahrten, eine immer größere Gefahr werden. Zusammen mit den schwindenden Kräften bzw. Konzentration wurde es mit anderen Radlern auf der Strecke gefährlicher. Die Nässe, durch kleinere einzelne Schauer, war unangenehm. Es war aber nicht so schlimm als dass das Tempo zusätzlich deutlich reduziert werden musste. Zum Erstauen aller wurde das 24h Rennen ca. 1 Stunden vor dem regulären Ende am Sonntagmittag unterbrochen und letztendlich auch nicht wieder gestartet. Ein Radfahrer hatte sich wohl versteuert und war bei höherer Geschwindigkeit verunglückt, er hatte sich schwer verletzt und wurde mit dem Rettungshubschrauber in die Klinik geflogen.
Unser 8er Team war in seiner Alterklasse sehr gut unterwegs und lieferte sich einen heißen Kampf mit der Konkurenz, am Ende stand erneut ein hervorragender 2. Platz zu Buche. Auch war es spannend unsere vollbesetzten 4er Teams zu beobachten, fast bis zum Schluss schien es jeweils möglich den internen Kampf für sich zu gewinnen – unvorhersehbare Dinge könnten ja immer mal passieren.

So endete das Rennen mit einem etwas fadem Beigeschmack, wir genossen als Team dann aber dennoch die gemeinsame Fahrt über die Ziellinie. Bei den Siegerehrungen waren leider, auch aufgrund des Rennabbruchs und damit früher beginnender Abreise vieler Teilnehmer, nicht mehr so viele Leute zugegen. Die Hotel-Verlängerungsnacht zum Montag hatten die meisten gebucht und so konnten wir gemeinsam den Ausklang des Events im Restaurant „Zur Nürburg“ geniessen. Am Montag stand dann die Rückreise an und wir sind alle wieder gut in der Heimat gelandet.
Bericht von Bernhard Buss